Das System


Pläne... Da plant man einmal nichts geplant zu haben und dann scheitert es in letzter Sekunde, weil irgend jemand sich anmaßt mich zu verplanen!
Man entscheidet sich in die Natur zu flüchten und ganz unentschieden mit raschem Schritt durch die Welt zu bummeln, doch irgendwie...  Warum ich das wollte? Weil ich einmal, nur dieses eine mal gänzlich unabhängig von den rennenden, ungeduldigen, ständig drängenden Zeigern der Uhr sein wollte. Ich wollte unabhängig von dem sein, was sie verkörpern: Zeit! Ach wäre das nicht toll? Einmal weder im Gestern noch im Morgen zu sein und nicht einmal im Hier und Jetzt...
Ich habe circa 2 Tage um zeitlos zu sein, also saß mir der harte Takt schon wieder im Nacken  - man kann anscheinend nicht entkommen!
Nun gut. Zeit lässt sich nicht überwinden, aber das, was sich Hier und Jetzt schimpft, ist nicht nur durch Zeit, sondern auch durch Ort definiert, also kann man dem Gefüge doch entkommen! Man lässt die Zeit Zeit sein  und entzieht die Koordinate "Ort".
Einfach mal da sein, wo man ist und dahin gehen, wo man nicht herkommt, ohne Ziel - aber Sonntag rechtzeitig am Zug sein und Abends die Boofe ¹, die Schlafstelle finden!
Ort ist ebenfalls unbesiegbar!
Eingliederung in das stressige System ist notwendig, ohne Zeit, Ort, Verpflichtung, Nachweise, Angaben, ohne das "Zeit- Ort- System" geht es nicht. Ohne das können wir nicht leben.
Aber mit auch nicht!
Wir schlafwandeln von Tag zu Tag, nur Kaffee verleiht uns des Morgens gerade genug Kraft, um wieder aufstehen zu können. Was ist Leben? Zumindest ist das ewige Kreisen von Schlaf zu Arbeit, nur um dann wieder, nach einem viel zu kurzem Schlaf sich als lebende Leiche ins Wochenende zu retten, definitiv kein Leben!
Ich lebe in der Natur, ich lebe in meinem Freunden und ich lebe, nicht zu Letzt, in meinem Glauben!
Wo lebst du?



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¹ für die Ortsunkundigen: das ist ein Felsvorsprung, der zum drunter schlafen geeignet ist z.B. bei mehrtägigen Wandertouren in der Sächsischen Schweiz, wie in meinem Falle 

Wandlungswesen

(umfasst 3 Werke)

I. Überlegenheit


Redner
*Satz 1* Ein wenig zu laut - mit Absicht. Das Murmeln erstirbt zum Schweigen, die meisten stehen stramm um von mir neues leben zu empfangen.
*Satz 2* Das Mikrofon fiept ein wenig, was ich geflissentlich übergehe. Sie Rücken ein wenig näher, um sie noch näher zu bekommen, um sie noch mehr zu kollektivieren schlage ich einen leisen, verschwörerischen Ton an.
Es wirkt! Die einzelnen Menschen verschmelzen zum ganzen.
*Satz 3* Ich schreie den geschaffenen Riesen an. Verwirrt, nein, sagen wir verstört und aus der Melancholie gerissen zuckt das Wesen auf. Ärger schwillt an.
*Satz 4* Schleunigst den Ärger auf die Missstände und deren Verursacher hetzen!
*Satz 5* Das Volk findet sich wieder! Hier liegt das Herz der Menschen. Sie kennen die Ketten der Unterdrückung und der Gefangenschaft. Sie heulen innerlich auf, alles in Ihnen sträubt sich.
*Satz 6* Finger in die Wunde... noch einmal von Not und wieder und wieder von Ungerechtigkeit
...
Die restlichen Sätze sind Beiwerk, alles läuft unweigerlich wie am Schnürchen.
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Volk
*Satz 1* Ich rede mit meinem Nachbar über die ein oder andere einprägsame Belanglosigkeit, als plötzlich ein scharfer Klang die Luft durchsticht - Es geht los!
Alle vorherigen Gedanken sind wie ausgelöscht: tot, vergangen. Und dieser Mann dort, am Pult, gibt meinem Kopf eine neue Pflicht, ein neues Leben.
*Satz 2* Es fiept - unwichtig. Es ist zu leise! Ich möchte es besser verstehen also rücke ich auf , wie nebst auch all die anderen und dabei ist es nicht mehr wichtig, ob man an fremde Körper eng angepresst wird. Es ist viel eher so, dass man keinen eigenen Körper mehr hat, sondern man Teil der Masse ist.
*Satz 3* Ich zucke auf! Ich werde angeschrien, attackiert! Woher kommt der Angreifer, der mich so unerwartet getroffen hat? Wer ist es? Der Redner?
*Satz 4* Nein, wie Naiv! Es ist der Missstand, er bedroht mich! Der MISSSTAND!
*Satz 5* Das ist es! Dieser Mann ist einer von uns! Er denkt gleich wie wir, er spricht von uns Unterdrückten... Er spricht von uns, für uns. Jetzt sehe ich alles deutlicher. Ich fahre zusammen, während sich alles in mir sträubt. Ich empfinde Verachtung.
*Satz 6* Er wiederholt sich, spricht wieder vom Zustand und der Not, jetzt tut es sogar noch mehr weh...
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Übeltäter
Muss man diesen Redner beseitigen? Er spricht all das Schlechte an - das was der Pöbel für schlecht hält... mir gereicht es zum Vorteil, zum Glück! Neider sind es! Sie haben es selbst nicht geschafft und hatten nicht ein mal die Courage zu widerstehen, aber gönnen uns den Erfolg nicht... Erbärmlich!
Dieser Sprecher da, reißt das Volk wirklich mit. Liegt darin Gefahr?
Die Rede ist Vorbei. Ich reibe mir die Hände: Triumph! Es ist genau das passiert, was immer passiert. Nach dem Ende fängt das Volk an zu jammern, sie tauschen sich frustriert aus und schimpfen. Und schimpfen über uns.
Während die Masse wortstark beklagt, stirbt klein und schwach der Widerstand.
Weil das Jammern nicht verändert, sonder hilft zu ertragen!
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Volk
*Daheim* Als ich ins Bett sinke lächle ich, weil so viele gleich denken, sie alle verstehen mein Leiden. Bei so vielen Gleichdenkern fühle ich mich gleich viel wohler.
Wir werden Widerstehen - bestimmt... irgendwann - vielleicht ...                         nie.


II. Sturmstreben

Es wird schon wieder passieren!! Jedes mal ist es so! Eine Unverschämtheit sondergleichen! Nein! Da muss man doch etwas tun! ...da wird man doch etwas tun, oder nicht? Es ist Zeit alles umzukrempeln, alles auf den Kopf zu stellen!
Endlich genug:
Ich hisse die Fahne des Widerstands, während sich Hundertschaften gleichdenkender um mich scharen. Sie alle sind genau wie ich!
Wir stürmen die Bollwerke angestauter Ignoranz, Reihe um Reihe fallen die Verweigerer des Aufbruchs. Scheinbar unendliche Festgefahrenheiten werden mitgeschwemmt und eingeschmolzen für ein neues Werden. Sturm tobt in den Augen der Menschen und wo der Blick hinfällt tobt es nach.  Alles was jetzt noch nicht brennt wird es - glaub mir!
Jedem stockt der Atem beim Anblick dieser Macht. Wir sind die Helden zukünftiger Lieder und Legenden! Aber lass uns nicht darauf ruhen, sondern frisch auf, zu neuen Taten!
Ich, wir, das Kollektiv - Ich stürme weiter und Erobere und Erobere.

Noch ein aller letztes mal drehe ich mich nach links, dann ein schauriges Geräusch. Ich werfe das Ungeheuer, was mich süß umschlingt von mir -
Die Decke fällt ab, der Wecker hört auf zu lärmen. Ich steige aus dem Bett, gehe aus dem Haus und füge mich der Unverschämtheit.
Hundertschaften neben mir, sie alle sind genau wie ich!


III. Handlungsfolgen

Wenn man kennt den Sinn
und man kennt den Weg
Wenn man ihm entdeckt
und ihn doch nicht geht

Wenn man begreift und erkennt
doch nicht dahin strebt
Wenn man niemals ausbricht,
ob man dann noch lebt?

Wenn in dir so ein Sturm ist,
wenn es tief in dir brennt
und aus jedem deiner Blicke
ein neues Werden drängt

Wenn du dich dann versteckst
und deine Augen schließt
Wenn du erschlaffst und willig
mit dem Strom mitfließt

Deine Idee hätte gefruchtet
und all das alte gesprengt.
Und es entschuldigt nicht,
dass man nur Fügen kennt

Du verbirgst dein Licht
und schweigst tot die Idee
zu spät, dann sprichst du,
doch es zählt nur, was ich seh`

Weil nie geteilt, sich nie vereint,
so wird es sterben, unbeweint
Das Alte und Schlechte wird ewig sein
Auf deiner Gedanken toter Gebein